Hintergrund: Bisherige Belege zeigen, dass Waldorfschüler sich durch durchschnittliche wissenschaftliche Leistungen auszeichnen, gleichzeitig aber einen hohen sozioökonomischen Status und eine hohe wissenschaftliche Motivation aufweisen. Darüber hinaus zeichnet sich die Waldorfpädagogik durch eine hohe Betonung des forschenden naturwissenschaftlichen Unterrichts (IBSE) aus. Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob die spezifische Leistungskonstellation von Waldorfschülern in den Naturwissenschaften durch das hohe Niveau der IBSE erklärt werden kann.
Methoden: Propensity Score Matching wurde angewandt, um für den vorteilhafteren sozialen Hintergrund von WaldorfschülerInnen zu kontrollieren, wobei die österreichische PISA 2015-Stichprobe (N = 7007 15-jährige SchülerInnen) verwendet wurde. Nach dem Propensity-Score-Matching wurden neben allen 149 Waldorfschülern auch 1107 gematchte Kontrollen einbezogen.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass WaldorfschülerInnen mehr Freude am Lernen und ein grösseres Interesse an naturwissenschaftlichen Themen zeigen als die Kontrollgruppe. Auf der anderen Seite zeigen sie geringere naturwissenschaftliche Leistungen. Mediationsanalysen zeigen, dass, obwohl die positivere Einstellung der Waldorfschüler zu den Naturwissenschaften fast vollständig auf ihre höhere Exposition gegenüber IBSE zurückgeführt werden kann, ihre schlechteren Leistungen in den Naturwissenschaften nicht.
Schlussfolgerungen: Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Besuch einer Schulform mit einem hohen Maß an IBSE (Waldorf) positive Auswirkungen auf die Einstellung (Freude und Interesse an den Naturwissenschaften) haben kann, während er keine nennenswerten Auswirkungen auf die naturwissenschaftlichen Leistungen zu haben scheint. Dies deutet darauf hin, dass die IBSE in Bildungskontexten eingesetzt werden könnte, die darauf abzielen, die wissenschaftliche Einstellung der Schüler zu verbessern.
Schlüsselwörter: Forschungsbasierter naturwissenschaftlicher Unterricht, Waldorfpädagogik, PISA-Ergebnisse in den Naturwissenschaften, Freude an den Naturwissenschaften, Interesse an den Naturwissenschaften