Zusammenfassung
Dieser Artikel versucht, Trends in der Steiner-/ Waldorfpädagogik aus der Perspektive von Clarence Beebys Arbeit über Bildungsmythen zu identifizieren. Beeby bezeichnet Mythen als eine Form der Kommunikation zwischen Zeitgenossen oder zwischen Generationen, als Wege, Bildung zu konzeptualisieren, die schnell verständlich sind, aber dennoch flexibel genug, um eine Reihe von Interpretationen zuzulassen. Ein Mythos hält eine Zeit lang Bestand und geht dann in einen neuen Mythos über, der den veränderten Zeiten und Umständen besser entspricht. Ich reflektiere darüber, was die Mythen der Waldorfpädagogik sein könnten, und greife Gramscis bekanntes Zitat zum Wandel auf: «Die Krise besteht gerade darin, dass das Alte stirbt und das Neue nicht geboren werden kann; in diesem Interregnum treten eine Vielzahl von krankhaften Symptomen auf.» Damit erweiterte Gramsci das Interregnum über seine übliche päpstliche Konnotation hinaus und bezog auch die soziokulturellen Verhältnisse mit ein. Ich nutze diesen Begriff, um zu überlegen, ob sich die Waldorfpädagogik derzeit in einer Zwischenzeit befindet und sowohl «krankhafte Symptome» als auch vielversprechende Anzeichen einer neuen Entwicklung zeigt. Darüber hinaus denke ich darüber nach, ob diese vielversprechenden Anzeichen auf einen neuen Mythos hindeuten, der es der Waldorfpädagogik ermöglichen wird, über ihr jahrhundertealtes koloniales Erbe hinauszuwachsen.
Schlüsselwörter: Waldorf-/ Steiner-Pädagogik, Übergangsphase, Wandel in der Bildung, Bildungsmythen