Nachdem Rudolf Steiner in den vier vorherigen Tagen die Menschenkunde vom seelischen Gesichtspunkt aus entwickelt hat, wechselt er nun am sechsten Tag zur Betrachtung vom geistigen Standpunkt her. Hier blickt er auf das Denken, Fühlen und Wollen in Zusammenhang mit den Bewusstseinszuständen. So wie er die Themen entwickelt, wird klar, dass hier die Grundlage gelegt wird zu dem, was er im später folgenden Methodisch-Didaktischen Vortrag an einer Pädagogik aus tieferer Lebensbetrachtung erläutert. Es ist spannend zu sehen, welche Querbezüge es in den drei Veranstaltungen dieses Tages gibt, wie Themen didaktisch konkretisiert, neu aufgegriffen und metamorphosiert werden. Der werdende Mensch kann erst durch eine feine, tiefe Beobachtung erfasst werden, so dass er durch den auf dieser Grundlage gestalteten Unterricht zukunftsfähig wird. Interessant ist auch Rudolf Steiners Auseinandersetzung mit der damaligen Experimentalpsychologie, eine Auseinandersetzung, die heute in neuem Gewand aktuell ist. Seine Ausführungen mögen helfen, den von ihm hoch geschätzten gesunden Menschenverstand in Zeiten des Intellektualismus durch eine innerliche Durchdringung des Lebens zurückzugewinnen.
Urs Dietler, *1950 in Basel, lic. phil. I., Studium der Philosophie und Mathematik, langjähriger Lehrer an der Oberstufe von Schweizer Rudolf Steiner Schulen, Heimleiter eines Heilpädagogischen Schulheims und Herausgeber am Rudolf Steiner Archiv in Dornach, jetzt in der Erwachsenenbildung tätig.
* Der 'Erste Lehrerkurs' ist die Grundlage der Waldorfpädagogik mit Mitschriften zu Rudolf Steiner's Vorträgen: 'Allgemeine Menschenkunde', 'Methodisch-Didaktisches' und 'Seminarbesprechungen'.