Die folgenden zwei Meditationsübungen sind wertvolle Instrumente, um Wertstrukturen, die ein Wachstum verhindern, in uns zu verändern. In der ersten Übungssequenz geht es um Themen aus der Vergangenheit, die unsere persönlichen Werte bis in die Gegenwart hinein prägen. Diese Themen sind Kräfte, die zu unserer erweiterten Biographie beitragen. Es handelt sich dabei um schwach wahrnehmbare Impulse, die eine Plattform für Werte und Taten bilden.
In der zweiten Sequenz geht es um aktuelle Themen, die uns aufwühlen und irritieren. Sie stehen im Zusammenhang mit unserer gegenwärtigen Biographie. Das Ziel der Übungen ist, den Zusammenhang von erweiterter Biographie und gegenwärtiger Biographie zu erkennen.
Die Übungen sind als Türen zu verstehen, die es uns ermöglichen, auf schöpferische Art und Weise erste Schritte auf dem Weg der spirituellen Erkenntnis zu machen.
Eine Übungsreihe zur erweiterten Biographie
Vergegenwärtige dich des Bildes eines geliebten Menschen, der verstorben ist. Versuche dich zu fragen, was diese Person nun in jener Dimension tut, in der sie jetzt lebt. Dies sollte so gemacht werden, als ob dieser Mensch noch am Leben wäre.1) In dieser Übung beschäftigen wir uns mit dem höheren Ich eines Menschen. Indem wir auf diese Weise über das Leben nach dem Tod nachsinnen, können wir uns ein Bild machen über die Lektionen, die nach der Schwelle des Todes zu lernen sind. Die Kontemplation der weiterführenden Biographie dieses einen Menschen, erweckt Staunen in unserer Seele, erzeugt Vertrauen in die Lebensvorgänge und besänftigt unsere Ängste vor dem Tod.
Stelle dir nun eine Konfliktsituation vor, an der du beteiligt warst. Rufe die darin enthaltenen Gefühle wieder hervor und konzentriere dich auf eines davon. Nun stelle dir die positiven Ergebnisse vor, die aus der Beschäftigung mit der Herausforderung, welche das starke Gefühl auslöste, resultierten. Versuche zu fühlen, wie sich die Angst in Staunen verwandelt, wenn du merkst, wie der Kosmos dir genau den richtigen Konflikt geschenkt hat, damit du dich in eine bestimmte Richtung bewegen konntest. Als Nächstes, versuche dir einen ähnlichen Konflikt im Leben des Verstorbenen vorzustellen. Versuche dir ein Bild zu machen, wie diese Person dem Konflikt begegnet ist. Vergleiche deine eigene Art und Weise der Konfliktbewältigung, mit der Art und Weise, wie die verstorbene Person damit umgegangen sein könnte. Nimm diese Bilder während sieben aufeinanderfolgenden Nächten mit in den Schlaf und notiere dir ein paar Sätze über etwaige Träume, welche mit diesen Übungen in Zusammenhang stehen könnten.
Erinnere dich an einen verstorbenen Menschen, der während seines Lebens ein Beispiel für Vergebung war. Wähle nun eine Situation aus deinem Leben, in welcher jemand dir etwas angetan hat, das dich noch immer grämt. Wende dich an die verstorbene Person, mit der Bitte, dir zu zeigen, wie du deine Seele dazu bringen kannst, die Übeltat zu verzeihen. Das Gefühl der Harmonie mit den verstorbenen Menschen, sowie die Art und Weise wie sie an der Weltenseele teilhaben, erlaubt es ihnen, an deinem Seelenleben kreativ und produktiv teilzunehmen. Das Gefühl der Harmonie mit ihnen, kann somit langsam auf eine andere Person, die wir nur schwer verstehen können, übertragen werden.
Eine Übungsreihe zur gegenwärtigen Biographie
Wähle eine Person in deinem gegenwärtigen Leben, die dich, durch ihr Verhalten in bestimmten Situationen, verwirrt und betrübt. Du fragst dich: „Wie kann jemand so etwas tun? Wie kann ein Mensch so sein?“ Versuche dir vorzustellen, dass du deinen Körper verlässt und dich so bewegst wie diese Person, wenn sie das tut, was dich so betrübt. Du kannst vielleicht sogar mit deinen Händen auf die selbe Weise gestikulieren, wie sie es beim Sprechen tut. Löse dann diese Bewegungen phantasievoll auf und bringe deinen inneren Dialog zum Schweigen. Wiederhole diese Übung täglich, so wird früher oder später die Seelenausrichtung dieses Menschen in deiner eigenen Seele einfach nur als eine Geste oder Intention erscheinen, ohne dass die Handbewegung die Intention manifestiert. Diese Übung bringt dich in die Stimmung der karmischen Beziehung zwischen dir und der anderen Person.
Nimm nun die selbe Person und Situation zum Objekt der nächsten Übung. Stell dir die Denkmuster dieses Menschen als eine geometrische Form vor. Wie sieht die Form aus, wenn diese Person eine Frage beantwortet? Sieht sie aus wie eine Spirale, ein Quadrat oder eine Anordnung von ineinander greifenden Rechtecken? Oder sieht der Denkprozess dieser Person aus wie Zacken, wie eine Gruppe geschwungener Linien oder wie ein Drahtgewirr? Ist er vergleichbar mit ineinander greifenden Dreiecken oder eher mit einem Flussdelta von fliessenden und verzweigten Linien? Versuche dir vorzustellen, wie die Denkmuster der Person aussehen, wenn sie das denkt, was dich irritiert. Nun denke dir das Muster systematisch wieder weg. Wenn du also beispielsweise ein Dreieck als Symbol für das Denkmuster gewählt hast, achte darauf, wie, und in welcher Reihenfolge, du dieses Dreieck in Gedanken zeichnest. Wenn es sich um ein Gewirr von Linien handelt, dann wiederhole das Zeichnen des Knäuels, bis du es auch rückwärts zeichnen kannst. Falls du dir nicht alles merken kannst, dann fahre einfach der Linie rückwärts nach. Das Wichtigste ist, den Zeichnungsprozess des Symbols rückwärts zu vollziehen, weil du im nächsten Schritt das Symbol rückwärts auflöst. Wenn du es auflöst, stell dir vor, wie es verschwindet, so als ob du eine Zeichnung rückwärts ausradieren würdest. Dies leert die Vorstellung. Bringe nun deine leere Vorstellung völlig zur Ruhe. Dies erlaubt dir, in den Denkprozess einer anderen Person hinein zu atmen, ohne dass starke Reaktionen oder Urteile über die Person oder über dich selbst hervorgerufen werden. Es bringt die beiden Seelen auf eine gemeinsame Ebene, so dass Heilung zwischen euch entstehen kann.
Mit freundlicher Erlaubnis des Autors und des Waldorf Research Institute
<link http: www.waldorfresearchinstitute.org>www.waldorfresearchinstitute.org
Zum Autor:
Dennis Klocek ist international als Redner für Naturwissenschaften und die Entwicklung des Selbst durch innere Arbeit, tätig. Seit 35 Jahren unterrichtet er Erwachsene zu verschiedenen Themen.Ausserdem ist er der Autor von sieben Büchern; in seinem neustes Buch „Climate, Soul of the Earth“ (Lindisfarne Books, 2010) stellt er seine dreissigjährige Erforschung des Klimas, basierend auf Planetenbewegung, dar. Klocek ist Direktor des „Programms für Bewusstseinsstudien“ am Rudolf Steiner College in Fair Oaks, Kalifornien und der Gründer des „Coros Instituts für innere Arbeit als Weg zur Selbstentwicklung“. Auf der Webseite <link http: www.dennisklocek.com>www.dennisklocek.com können Sie seine Vorträge zu verschiedenen Themen herunterladen.
Aus dem Englischen von Karin Smith
1) Heute ist die Versuchung gross, dass wir uns Illusionen und Projektionen im Bereich der Phantasie hingeben, ja, es ist die grundlegende Herausforderung für Menschen, die sich auf einen Schulungsweg begeben. Jede esoterische Übung birgt die Gefahr, dass wir unsere eigenen Vorstellungen in das spirituelle Erleben hinein projizieren. Die potentiellen Lehren, die aus einem solchen Fehler gezogen werden können, sind im Studium von esoterischem Wissen überall zu finden. Trotzdem sollen die Leserin und der Leser ermutigt werden, die Verstorbenen als Wesen in einer anderen Welt zu sehen, eine Welt die uns Lebenden nicht verschlossen bleiben muss. Die hier beschriebenen Übungen möchten zeigen, dass die Möglichkeit eines ununterbrochenen Bewusstseins zwischen Lebenden und Verstorbenen besteht.