Der erste Satz, den Rudolf Steiner zur Chemieepoche in der 12. Klasse sagte, ist gewissermaßen schon eine Zusammenfassung: „Wir wollen einmal die Chemie im innigsten Zusammenhang mit dem Menschen betrachten.“ Dies wird dann in verschiedener Weise erläutert und verdeutlicht.
Es soll die Chemie im menschlichen Organismus behandelt werden, die eine ganz andere ist als die in der ihn umgebenden anorganischen Natur, aber auch eine andere als in der Pflanze oder im Tier. „Man muß zeigen, dass alle Stoffe und Prozesse vollständig umgewandelt werden im Menschen.“ „Man müßte eine anorganische, eine organische, eine animalische und eine menschliche Chemie haben“ (Steiner, GA 300c, Konferenz vom 30.4.1924). Anders gesagt: Es müssten drei Unterscheidungen deutlich werden: zwischen einer anorganischen und einer organischen, zwischen einer pflanzlichen und einer tierischen und schließlich zwischen einer tierischen und einer menschlichen Chemie. Es folgen stichwortartig einige Beispiele für den Unterricht, zuletzt dasjenige, was uns im Folgenden beschäftigen soll: „Metamorphoseprozeß Ameisensäure – Oxalsäure“.
Rudolf Steiner hat sich an vielen Stellen und bei zahlreichen unterschiedlichen Gelegenheiten zu Oxal- und Ameisensäure geäußert. So lässt sich das Stichwort Ameisensäure in mindestens zehn Bänden an über 40 Stellen in der Gesamtausgabe nachweisen. Das Thema wurde vor allem im medizinischen Kontext und bei den Vorträgen für die Arbeiter am Goetheanum behandelt, aber auch in Vorträgen für die Mitglieder und bei weiteren Gelegenheiten. Es muss für Steiner demnach von zentralerer Bedeutung gewesen sein. Bei mehreren dieser Vorträge war Eugen Kolisko anwesend, der als Schularzt und erster Waldorf-Chemielehrer den Chemieunterricht an der ersten Waldorfschule aufbaute und entwickelte. So konnte Steiner bei ihm ein gründliches Verständnis dafür voraussetzen, als er ihm in den Lehrerkonferenzen die genannten Hinweise für den Chemieunterricht gab.
Zu diesen Voraussetzungen sind insbesondere Steiners Ausführungen im Zyklus „Mysteriengestaltungen“ und im Ärztekurs an Weihnachten 1924 zu nennen. Es sei in dem hier in Rede stehenden Kontext mit der bedeutsamen Unterscheidung zwischen Reaktionen in lebendigen Organismen und denen in leblosen Reaktionsgefäßen begonnen: „Nun ist der Mensch keine Retorte. Die Retorte zeigt eben auf tote Weise, was im Menschen lebendig und empfindend vorhanden ist“. Und dabei komme es im Menschen auch nicht auf die Substanzen Oxalsäure und Ameisensäure selber an, sondern auf „die Arbeit, die Tätigkeit im Innern, welche darinnen besteht, daß der Oxalsäure-Prozeß stattfindet, daß der Ameisensäure-Prozeß stattfindet“ (Steiner, GA 232, 13. Vortrag). Der Prozess der Bildung von Oxalsäure, der hauptsächlich in den Verdauungsorganen stattfinde, sei eine notwendige Grundlage dafür, dass der Mensch überhaupt leben könne (also für seinen Ätherleib); ihre Umwandlung in Ameisensäure – mehr im oberen Menschen lokalisiert – bilde die Grundlage für das Seelische (also für seinen Astralleib). Den Ärzten gegenüber führt Steiner ein Jahr später aus, dass man im Falle der Ameisensäure dahin kommen müsse, zu erkennen, dass sie im Menschen wie auch draußen in der Natur die Aufgabe hat, gegenüber den Prozessen des Alterns, des Absterbens und des Vermoderns immer wieder weiteres Leben, weitere Entwicklung zu ermöglichen (Steiner, GA 316, 1. Vortrag).
Nach den seitherigen geradezu revolutionären Fortschritten der biochemischen Forschung kann man heute davon ausgehen, dass es kaum noch einen wesentlichen Substanzverwandlungsprozess im menschlichen Organismus geben dürfte, der der Entdeckung entgangen sein könnte. Merkwürdigerweise muss man aber aufgrund dieser sehr detaillierten Kenntnisse sagen, dass weder einer Bildung von Oxalsäure noch deren Umwandlung in Ameisensäure irgendeine erwähnenswerte Bedeutung zukommt. Wenn im menschlichen Organismus überhaupt in nennenswerten Mengen Oxalsäure gebildet wird, dann ist dies krankhaft und gerade auch dadurch sehr bedenklich, dass der menschliche Stoffwechsel mit der Oxalsäure nicht in entsprechender Weise umgehen und sie z.B. nicht in Ameisensäure überführen kann. Auf der anderen Seite wird zwar wohl immer etwas Ameisensäure gebildet, aber nicht aus Oxalsäure, sondern auf ganz anderen Wegen. Und diese Ameisensäurebildung hat im ganzen Zusammenhang des Stoffwechsels nur eine sehr untergeordnete Bedeutung. Keinesfalls kann demnach die Rede davon sein, dass eine Umwandlung von Oxalsäure in Ameisensäure als ein wesentlicher physiologischer Prozess existiert, der gar über Leben und Tod entscheidet. Nun sagte Steiner bei seinen Ausführungen über den Oxalsäure- und den Ameisensäureprozess ausdrücklich, dass auch „die heutige Physiologie“ diese Prozesse finden müsse (Steiner, GA 232, 13. Vortrag). Und nur naturwissenschaftliche Tatsachen können natürlich Gegenstand des Unterrichts sein; so sind alle Lehrplan-Angaben Steiners selbstverständlich nur als Hinweise gemeint. Davon ausgehend, soll im Folgenden ein neuer Verständnis-Ansatz für diese Lehrplanangabe für den Chemieunterricht in der 12. Klasse vorgestellt werden.
Ein allgemeines Charakteristikum biochemischer Vorgänge ist, dass die beteiligten Substanzen nicht frei vorliegen und miteinander reagieren wie in der Retorte, sondern nur in vielfältiger Weise in gebundener Form vorkommen. So gibt es z.B. eine gebundene Form der Ameisensäure, die als „aktivierte Ameisensäure“ bezeichnet wird und u.a. bei der Bildung der Nukleinsäuren (Purinsynthese) eine wichtige Rolle spielt. Nur in derart aktivierter Form können die Substanzen überhaupt an den biochemischen Umwandlungsprozessen teilnehmen. Was wir in der Retorte als Substanz vorliegen haben, was wir in seinen Eigenschaften untersuchen und äußerlich mit anderen Stoffen reagieren lassen können, das existiert so überhaupt nur, solange es aus dem lebendigen Prozess herausgefallen, also tot ist. Das lehren uns die biochemischen Tatsachen. Schauen wir nun nach gebundenen Formen der Oxalsäure und der Ameisensäure, so stoßen wir tatsächlich schnell auf den gesuchten Prozess, die Umwandlung von Oxalsäure in Ameisensäure + Kohlendioxid (CO2). Eine Gruppe organischer Säuren, die im Stoffwechsel auftreten, die -Ketocarbonsäuren, können wir nämlich als gebundene Oxalsäure ansehen; durch Zersetzung kann aus ihnen Oxalsäure freigesetzt werden. Dies spiegelt sich auch anschaulich in den Formeln wider:
Bild 1: Oxalsäure
Bild 2: gebundene Oxalsäure
(Das R bezeichnet den „Rest“, an den die Oxalsäure gebunden ist.)
Diese Säuren können nun unter Freisetzung von CO2 in andere Säuren überführt werden, die wir wiederum als gebundene Ameisensäure betrachten können:
Bild 3: Ameisensäure
Bild 4: gebundene Ameisensäure
In solcherart gebundener Form wird im Stoffwechsel fortwährend in beträchtlicher Menge Oxalsäure in Ameisensäure umgewandelt. Es ist in gewisser Weise der gleiche Vorgang wie in der Retorte, aber eben ganz auf der organischen Ebene.
Diese Umsetzungen sind wesentliche Teilschritte der Zellatmung. Wenn im Organismus organische Substanz – Stärke, Zucker, Fette oder Eiweiße – abgebaut wird, handelt es sich zunächst darum, dass sie in organische Säuren umgewandelt wird. Das ist im Grunde ein Gärungsvorgang, ganz wie beim Sauerwerden der Milch. Diese Gärung geht bis hin zu den Säuren, die wir als gebundene Oxalsäure bezeichnet haben. In einem nächsten Schritt wird dann aus diesen Säuren CO2 freigesetzt, und sie gehen dabei in gebundene Ameisensäure über. Bei diesem Übergang von der gebundenen Oxal- zur Ameisensäure sowie bei der diesen vorbereitenden Reaktion entsteht praktisch das ganze CO2, das wir ausatmen. Und da der weitaus größte Teil der Stoffe, die wir im Laufe unseres Lebens zu uns nehmen und nicht in anderer Form wieder ausscheiden, letztlich in diesen Prozess eingeht, ist es andererseits auch ganz zutreffend, wenn Steiner sagt, dass überall in unserem Körper die Stoffe zuletzt in eine Ameisensäurebildung hineingehen.
Die gebundene Ameisensäure, die aus dem Prozess hervorgeht, bleibt nun aber nicht als solche bestehen, sondern geht gewöhnlich sofort in weitere Umwandlungen über. Das ist wiederum ein charakteristischer Unterschied zum Retortenversuch. Stark vereinfacht kann man sagen, dass die gebundene Ameisensäure wieder mit in den Prozess hineingenommen wird, aus dem die gebundene Oxalsäure hervorgeht. Es handelt sich also insgesamt um einen Kreisprozess, den sogenannten Zitronensäure-Zyklus (oder auch, nach seinem Entdecker, Krebs-Zyklus). Dieser Zyklus erscheint, so wie er gewöhnlich dargestellt wird, ziemlich kompliziert, und die Einzelschritte bedürfen zum exakten Verständnis des hier Vorgebrachten der sorgfältigen Analyse. Dabei findet aber eigentlich nichts anderes statt als die Umwandlung von gebundener Oxalsäure in gebundene Ameisensäure + CO2 und die weitere Verwandlung der entstandenen Ameisensäure in wieder eine andere Form gebundener Oxalsäure.
Man kann nun die Betrachtung in differenzierter Weise näher an den menschlichen Organismus heranführen und damit die enge innere Beziehung zu der Menschenkunde-Epoche der 10. Klasse aufnehmen. Substanzverwandlungen ohne Beteiligung von Sauerstoff finden wir überall im Organismus, in jeder einzelnen Zelle, aber ihren Schwerpunkt haben sie zweifellos im Darm und in der Leber. Der Darminhalt wird ja gar nicht mit Sauerstoff versorgt, und die Leber ist von allen Organen dasjenige, das am stärksten venös durchblutet, also von sauerstoffarmem Blut durchströmt wird. Während es sich im Darm insbesondere um die Zersetzung der Nahrungssubstanzen handelt, ist die Leber der Ort der größten Vielfalt an biochemischen Umwandlungen. Und dabei ist sie auch, wie schon ihr Name andeutet, das lebendigste Organ, das Zentrum der lebendigen Aufbauprozesse im Körper. Entgegen der verbreiteten Annahme, das venöse sei das ‚verbrauchte‘ Blut, finden nämlich gerade im venösen Milieu hauptsächlich die aufbauenden Prozesse statt. Das gilt auch für den umfassendsten Aufbauprozess überhaupt, die Embryonalentwicklung, die besonders in ihren frühen Stadien in bemerkenswerter Sauerstoffarmut stattfindet. Bei all diesen Auf- und Umbauprozessen, die dann nach der Geburt in der Leber ihren Schwerpunkt haben, kommt nun den verschiedenen Formen gebundener Oxalsäure eine wesentliche Rolle zu: Von ihnen geht die Bildung neuer Eiweißbestandteile, den Aminosäuren, und auch die von Zucker und Stärke aus. Dieser Substanzaufbau kann nur erfolgen, wenn durch den Oxalsäureprozess gebundene Oxalsäure bereitgestellt wird.
Das Zentrum der sauerstoffabhängigen Prozesse haben wir dagegen im Gehirn. Bei Sauerstoffmangel wird es als erstes Organ dauerhaft geschädigt. Und dies hängt nun damit zusammen, dass das Gehirn der Entfaltung des Bewusstseins dient. Bewusstsein, ein eigenes Seelenleben, ist nur auf der Grundlage sauerstoffabhängiger Abbauprozesse möglich und damit auf der Grundlage der Umwandlung von Oxalsäure in Ameisensäure + CO2. Leben haben wir mit den Tieren und den Pflanzen gemein, ein eigenes, bewusstes Seelenleben aber nur mit den Tieren. Damit stimmt überein, dass nur die Tiere in entsprechender Weise vom Sauerstoff abhängig sind wie wir. Der Oxalsäure-Bildungsprozess dient allgemein der Lebensorganisation (dem Ätherleib), während der Ameisensäure-Bildungsprozess die Grundlage für die Entfaltung des Seelischen (des Astralleibes) bildet. So wird auch verständlich, dass der Tod beim Menschen eintritt, sobald die Ameisensäurebildung nicht mehr erfolgen kann: Dann hat das Seelisch-Geistige keine Wirkensgrundlage mehr im Körper.
Bei Pflanzen und Insekten sind der Oxalsäure- und der Ameisensäureprozess im Unterschied zum Menschen, bei dem sie zum unteren bzw. zum oberen Menschen gehören und somit in einem Organismus vereinigt sind, stärker auseinandergelegt. Damit hängt offenbar zusammen, dass bei ihnen jeweils einer der beiden Prozesse so modifiziert ist, dass Oxalsäure bzw. Ameisensäure in reiner Form in größerer Menge entstehen. Dabei ist die Ameisensäure nicht auf den Verwandtschaftskreis der Ameisen, Bienen etc. beschränkt; sie tritt auch bei Käfern und Raupen auf. Und die Oxalsäure hat zwar ihren Namen von ihrem Vorkommen beim Sauerklee (Oxalis), ist aber überhaupt im Pflanzenreich weit verbreitet. Allerdings enthalten die meisten Pflanzen nur geringe Mengen von dieser Säure; nur bei gewissen Arten, z.B. bei Sauerklee und Sauerampfer, tritt sie reichlich auf. Unter den zahlreichen organischen Säuren, die bei Pflanzen vorkommen, nimmt die Oxalsäure dadurch eine Sonderstellung ein, dass sie in entsprechenden Mengen sogar giftig ist. Viele Pflanzen liefern die Nahrung für Tiere und Menschen und sind als solche nicht giftig. Giftig werden Pflanzen dadurch, dass in ihnen Abbauprozesse auftreten, die über das für Pflanzen ‚normale‘ Maß hinausgehen. Die Oxalsäure ist als ein Endprodukt des pflanzlichen Stoffwechsels anzusehen, das gewöhnlich nicht mehr oder kaum noch in das aktive Stoffwechselgeschehen einbezogen wird. Sie unterscheidet sich darin von den anderen Pflanzensäuren, die zwar ebenfalls in Massen abgelagert werden können, dies aber vielfach nur vorübergehend geschieht, z.B. nur zu gewissen Tageszeiten. Sie ist von allen Pflanzensäuren am weitesten aus dem Prozessualen herausgefallen, und sie ist auch die am stärksten mineralisch gewordene unter ihnen. In ihr ist das Säurehafte, das im Organischen bei Abbauprozessen auftritt, am stärksten konzentriert. Dadurch ist sie die mit Abstand stärkste organische Säure in der Natur und in dieser Beziehung durchaus schon mit stärkeren anorganischen Säuren vergleichbar.
Der eingangs charakterisierte Oxalsäureprozess ist ein leichter, nur anfänglicher Abbau zum Säurehaften hin, der auch wieder in einen Aufbau übergehen kann. Wird dieser Prozess übersteigert, ohne aber in den (seinem Wesen nach tierischen) Ameisensäureprozess überzugehen, dann entsteht als stoffliches Endprodukt die Oxalsäure. Kommt ihm hingegen der Ameisensäureprozess entgegen, wie es bei Tier und Mensch der Fall ist, dann wird das Säurehafte in latenter Form als Kohlendioxid ausgeatmet, das mit Wasser die Kohlensäure bildet. Wird das Kohlendioxid im lebendigen Stoffwechsel wieder an organische Substanz gebunden, entstehen wieder organische Säuren. Wäre also die Insektenwelt ebenso mit der Pflanzenwelt verbunden, wie der obere Mensch mit dem unteren verbunden ist, dann würde in den Pflanzen keine Oxalsäure entstehen.
In der Blüte kommt das vegetative Wachstum der Pflanze zu einem Ende. Sie stirbt dort. Nur aus dem Samen kann wieder eine neue Pflanze hervorgehen, wenn er in den Erdboden kommt. Auch darin zeigt die Blüte ihre Nähe zum Tier, das auf der Grundlage leiblicher Abbauprozesse sein Bewusstsein entfaltet. Ganz anders die Wurzel, sie wächst immer weiter und kann sich an jeder Stelle durch von innen hervorbrechende Seitenwurzeln verzweigen. Und nur wo sie wächst, kann sie als Aufnahmeorgan fungieren. Während man die Blüte mit einem gewissen Recht als einen ‚Schmarotzer‘ auf der eigentlichen Pflanze betrachten könnte, ist die Wurzel ganz Teil des Vegetativ-Lebendigen der Pflanze. Hatten wir sonst den Ameisensäureprozess immer in einem Zusammenhang mit Seelischem, mit Bewusstseinsentfaltung angetroffen, so scheint der Wurzelbereich da eine Ausnahme zu machen. Nun ist aber das Erdreich keineswegs ein bloß totes Substrat. Und wie die Pflanze oben eine innige Beziehung mit den Insekten eingeht, so im Wurzelbereich mit den Pilzen. Die Erforschung der Mykorrhiza, der Symbiose von Pflanzenwurzeln und Pilzen, hat zu dem zunächst überraschenden Ergebnis geführt, dass die meisten Pflanzen eines Waldes oder einer Wiese durch die Mykorrhizapilze miteinander funktionell vernetzt sind und auf diese Weise viel stärker, als man nach dem unmittelbaren Anschein vermuten würde, tatsächlich einen einheitlichen, zusammenhängenden Organismus bilden. Und dieses Pilzleben erweist sich nun als dasjenige, was draußen im Organismus der Landschaft und überhaupt der ganzen Erde dem entspricht, was in unserem eigenen Organismus die Gehirntätigkeit ist. Nur bilden dort draußen die Abbauvorgänge, bildet der Ameisensäureprozess nicht die Grundlage für ein abgesondertes Eigenbewusstsein wie bei Tier und Mensch, sondern für eine umfassende Natur-Vernunft, eine Natur-Geistigkeit.
Wie zu Beginn hervorgehoben, soll die Chemie in der 12. Klasse „im innigsten Zusammenhang mit dem Menschen“ behandelt werden. Man sieht, dass das gerade mit dem von Rudolf Steiner als Unterrichtsthema vorgeschlagenen Metamorphoseprozess Oxalsäure – Ameisensäure gelingen kann, und dass sich daran sogar auch ein enger Zusammenhang zwischen Mensch und Natur thematisieren lässt. Dieser Metamorphoseprozess sollte daher in jeder Waldorfschule zum Curriculum gehören. Der vorliegende Aufsatz möchte dies ebenso anregen wie die umfassendere Auseinandersetzung mit diesem Thema. Er ist auch als Beitrag zur anhaltenden Diskussion zu lesen, wie sich die Aussagen Rudolf Steiners und die Ergebnisse der biochemischen Forschung zusammenfügen und wie man letztere goetheanistisch erweitert im Unterricht behandeln kann.
Klaus Frisch, geboren 1958 in Heidelberg. Studium der Biologie und Ausbildung zum Waldorflehrer. Tätigkeit als Waldorflehrer und als Wissenschaftler in den Bereichen Goetheanismus, Waldorfpädagogik und Anthroposophische Medizin. Seit 2006 quasi hauptberuflich unter seinem realen Namen in einem breiten Themenfeld in der deutschen Wikipedia aktiv.
Dieser Text ist eine im Juni 2020 von Dirk Rohde (d.rohde@waldorfschulemarburg.de), FWS Marburg/Deutschland, gekürzte Fassung des Artikels von Klaus Frisch (chronos@onlinehome.de) „Oxalsäure und Ameisensäure“, erschienen in der Zeitschrift Erziehungskunst 7/8 1992, S. 577-599; online abrufbar im Erziehungskunst-Archiv: www.erziehungskunst.de/fileadmin/archiv_alt/1992/p008EZ-06_07-1992.pdf