Die natürliche Evolution, die Steine, Pflanzen, Tiere und den Menschen aus sich hervorgebracht hat, bildet die Grundlage für die Freiheitsveranlagung des menschlichen Bewusstseins. In der Freiheitsfähigkeit des Menschen kommt die natürliche Evolution an ihr Ende. Die höchste Aufgabe des Menschen und der menschlichen Bildung ist es, sich in Freiheit selbst zu ergreifen. Die Waldorfpädagogik ist in diesem Sinne eine Freiheitspädagogik, weil sie die Bildung einer freien menschlichen Persönlichkeit unterstützt. Die Freiheit des Menschen ist aber nicht nur eine Freiheit „von“ (nämlich „von“ den Bedingungen der menschlichen Evolution), sondern sie ist zugleich eine Freiheit „zu“, d.h. der freie Mensch emanzipiert sich nicht lediglich von seinen Naturgrundlagen (dies wäre ein Freiheitsverständnis der Aufklärung), sondern er wendet sich der Natur und Mitwelt in ökologischer und sozialer Verantwortung zu. Der freie Mensch gibt der natürlichen Welt den Mehrwert seiner Freiheit zurück. In diesem Sinne ist der Bildungsimpuls der Waldorfpädagogik ein in Freiheit Mensch und Welt integrierender Impuls.
Prof. Dr. Jost Schieren, geb. 1963 in Duisburg. Studium der Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte in Bochum und Essen. Gaststudium in Ann Arbor (Michigan, USA). 1997 Promotion zu dem Thema: „Anschauende Urteilskraft. Methodische und philosophische Grundlagen von Goethes naturwissenschaftlichem Erkennen.“ Von 1996-2006 Deutschlehrer an der Rudolf-Steiner-Schule Dortmund. Von 2004-2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Paderborn. Seit 2008 Professor für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Waldorfpädagogik und Dekan des Fachbereiches Bildungswissenschaft an der Alanus Hochschule in Alfter bei Bonn.
* Der 'Erste Lehrerkurs' ist die Grundlage der Waldorfpädagogik mit Mitschriften zu Rudolf Steiner's Vorträgen: 'Allgemeine Menschenkunde', 'Methodisch-Didaktisches' und 'Seminarbesprechungen'.