Vielfältige Perspektiven
Das Thema unterschiedlicher Geschlechtlichkeit und die damit zusammenhängende Genderfrage, d.h. die jeweils sozio-kulturellen Implikationen des Geschlechts, sind auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch aktuell und werden oft engagiert aber auch kontrovers diskutiert. Sowohl der aufmerksame Blick in die Welt der Literatur, als auch zahlreiche Gespräche mit Männern und Frauen auf verschiedenen Kontinenten machen deutlich, dass die Perspektiven auf dieses Thema vielfältig sind. Das Verhältnis der Geschlechter zueinander, der Umgang von Männern und Frauen miteinander und die jeweilige Wirklichkeit in den unterschiedlichen Gesellschaften sind divergent, werden andersartig empfunden und so müssen auftretende Fragen sicherlich auch unterschiedlich beantwortet werden.
Eine erste Begegnung
Die gemeinsamen Gespräche zu diesem oft als schwierig empfundenen Thema verliefen in einer offenen Atmosphäre. In den Gesprächsrunden kamen viele Menschen zu Wort, so dass eigene Gedanken und Sichtweisen formuliert, aber auch andere Perspektiven angehört werden konnten. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, wie schwer es ist, diese Themen zwischen Männern und Frauen zu diskutieren, die eigentlich gut informiert und aufgeschlossen sind, denen es aber dennoch oft schwerfällt, sich wirklich in die jeweils andere Rolle hinein zu versetzen. So haben wir zwar einen Anfang gemacht, haben uns aber doch noch eher an der Oberfläche bewegt. Fragen wurden angesprochen und warten nun darauf, weiter bearbeitet zu werden; aber immerhin hat eine Begegnung zu einem Thema stattgefunden, das allzu oft im Untergrund bleibt und uns von dort aus in unserem Umgang miteinander und in unserer Zusammenarbeit zu beeinflussen versucht.
Erzählen Sie uns über Ihren Blickwinkel
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Kolloquiums mag die Arbeit in der einen oder anderen Weise ein Stück weit verändert haben und Teile dessen, was sie gehört und erlebt haben, werden den Weg in unsere Schulen und Einrichtungen finden, wenn wir sie dorthin tragen. Darüber hinaus entstand aber auch der Wunsch, den hier aufgenommenen Dialog fortzusetzen und auszuweiten.
Wir möchten unsere Fragen und Gedanken mit anderen Menschen teilen; wir möchten Ihnen die Frage stellen, wie denn in anderen Schulen, in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten mit diesen Fragen umgegangen wird. Gibt es an Ihren Schulen aktuelle oder auch drängende Genderfragen, die Sie bewegen und mit denen Sie umzugehen versuchen?
Wir stellen diese Frage in dem Bewusstsein, dass eine gegenseitige Wahrnehmung voneinander und ein Austausch miteinander unseren eigenen Horizont erweitern, zu mehr Verständnis und Verstehen in der (Waldorf)welt führen und dem einen oder der anderen vielleicht bei eigenen Herausforderungen durch Anregungen und Beispiele weiterhelfen können.
In einen wirklichen Dialog kommen heißt miteinander statt übereinander reden: Männer mit Frauen, Alt mit Jung, Nord mit Süd und Ost mit West, um voneinander zu erfahren. Dafür wollen wir miteinander eine Sprache finden, die erzählt und beschreibt ohne zu bewerten; eine Sprache, die nicht nur Antworten kennt, sondern auch Fragen stellt um herauszufinden, was andere dazu denken; und eine Sprache, die der Vielseitigkeit Respekt zollt und die von einer Welt erzählt, in der sowohl Männer als auch Frauen leben, heranwachsen, mitgestalten und gemeinsam die Verantwortung dafür tragen, dass unsere gemeinsamen Kinder in Frieden aufwachsen und sich gesund entwickeln können.